Ziemlich beste Freunde – erbitterte Feinde
Eschweiler. Tief ans Herz ging den Schülerinnen und Schülern der Waldschule – Städtische Gesamtschule Eschweiler – und der Maria-Montessori-Gesamtschule Aachen das Projekt „Ziemlich Beste Freunde“, durchgeführt vom Amerika Haus NRW und dem Bildungsbüro der Städteregion Aachen.
Im Rahmen von biografischem Lernen besuchten die Schülerinnen und Schüler den amerikanischen Ehrenfriedhof Henri-Chapelle und den Waldfriedhof in Aachen.
Auf dem amerikanischen Ehrenfriedhof Henri-Chapelle, einem Ort des Gedenkens, ruhen 7987 gefallene Soldaten des Zweiten Weltkrieges.
Besonders das junge Alter der Gefallenen bewegte die fast gleichaltrigen, 18 bis 21 Jahre alten Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Projektes sehr.
Hätten die gefallenen deutschen und amerikanischen jungen Soldaten „beste Freunde“ werden können, wenn sie sich unter anderen Umständen kennengelernt hätten?
Hätten sie sich erzählt von ihren Träumen und Wünschen?
Hätten sie Freundschaften und Allianzen geschaffen, um auch anderen ein gutes Leben zu ermöglichen?
All diese Gedanken stehen im starken Kontrast zur Wirklichkeit des Zweiten Weltkrieges und der einzelnen Geschichten, die Henri-Chapelle erzählt.
So standen sich im Hürtgenwald junge deutsche und amerikanische Soldaten gegenüber und bekämpften sich erbittert – 25.000 bis 30.000 Soldaten verloren ihr Leben, unzählige wurden verwundet.
Nur helfen wollte Anne Kathleen Cullen. Sie war Mitarbeiterin des amerikanischen Roten Kreuzes und starb bei einem Bombenangriff auf das US-Hospital in Verviers.
Noch lange nach ihrem Tod erreichten die Eltern hunderte Briefe, in denen sich Patienten bedankten und die Wichtigkeit ihrer Arbeit würdigten.
Auch der Besuch des Waldfriedhofes in Aachen im Anschluss verdeutlichte den Teilnehmenden, wie die Menschen im Zweiten Weltkrieg gelitten haben.
So gingen den Jugendlichen die Gräber der Opfer des unmenschlichen NS-Euthanasieprogramms und der bei Bombenangriffen auf Aachen Getöteten sehr nahe.
Tief betroffen zeigten sie sich auch vom Schicksal zweier 14-jähriger Jungen, die zu Unrecht des Plünderns beschuldigt und zur Abschreckung öffentlich erschossen wurden.
Die Frage nach den Tätern wühlte die Jugendlichen sichtlich auf, zumal es nach Kriegsende einigen Tätern gelang, einem Kriegsgericht und einer gerechten Strafe zu entgehen.
Die „Täter“ und Verantwortlichen, führende NSDAP-Mitglieder, waren zum Teil auch in der NS-Ordensburg Vogelsang, einer Kaderschmiede der Nationalsozialisten in der Eifel, ausgebildet worden, deren besonderes Augenmerk auf der Lehre des Herrenmenschen lag – einem, wie die Jugendlichen im anschließenden Reflexionsgespräch fanden, sehr gefährlichen Weltbild, mit dem die Nationalsozialisten ihre Grausamkeiten rechtfertigen wollten. Entschieden stellten die Schülerinnen und Schüler am Ende der Exkursion fest, dass ihr Weltbild heute anders aussieht und diese Lehren unsinnig sind.
Heute chatten Jugendliche um die ganze Welt – viele haben bereits beste Freunde in fremden Ländern, finden zahlreiche Gemeinsamkeiten und möchten Unterschiede kennenlernen und akzeptieren.
Ganz im Sinne des Vierjährigen, der – wer sich erinnert – 2016 von Rapper Fard gefragt wurde, ob es Ausländer in seinem Kindergarten gäbe, zur Antwort gab: „Nein, bei uns sind nur Kinder.“ So einfach.
Gaby Römers