04.07.2025
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Deniz Tugcu – Der Visionär vom Marktplatz

Eschweiler

Deniz Tugcu ist liebend gerne Gastgeber. Zum Tischgespräch mit dem REGIO LIFE-Magazin nahm der Inhaber des am Eschweiler Marktplatz gelegenen Restaurants „Yakamoz“ aber die Rolle des Gastes ein. Der Gastronom verbreitet eigene Spirituosen und mit ihnen den Namen der Stadt Eschweiler in vielen Ländern. Mit dem Raki-Festival sorgt er für ein deutschlandweites Highlight. Dabei kam er nur zufällig in die Indestadt.

Um seiner Mutter eine Waschmaschine kaufen zu können, begann Deniz Tugcu im Alter von zwölf Jahren als Tellerwäscher zu arbeiten. Offen schildert er in unserer Unterhaltung die schwierigen Verhältnisse, in denen er und seine vier Geschwister im kurdisch geprägten Teil der Türkei aufwuchsen: „Jeder von uns besaß lange nur eine Jacke, eine Hose, ein Paar Schuhe und wir hatten keinen Löffel, um den Kaffee umzurühren.“ 1992 machte er in Istanbul eine Ausbildung zum Koch und wanderte mit Teilen der Familie nach Deutschland aus. „Ich danke dem deutschen Staat für die Chancen, die er mir gegeben hat. Deshalb zahle ich auch ohne zu murren Steuern“, sagt Tugcu.

Er kochte zunächst in einem Lokal in Bergheim. Als er 2005 das nötige Geld beisammenhatte, wollte er sich selbstständig machen, jedoch ohne in Konkurrenz zu seinem Chef Hüseyin Duran zu gehen. „Ich nahm mir 40 Kilometer Entfernung vor und schaute, was sich anbot. Köln im Osten ist voller Gastronomie und fiel für mich weg. Eschweiler lag im Westen an der Autobahn und hatte kein Restaurant für türkische Spezialitäten. Also ging ich nach Eschweiler.“ „Yakamoz“ (übersetzt Mondlicht) nannte er das Lokal in Weisweiler, in dem zwei seiner Brüder mitwirkten: Salman ist heute noch dabei, Resul steht inzwischen in Kamp-Lintfort auf eigenen Gastro-Beinen.

Zu den Gästen in Weisweiler gehörte Deniz‘ spätere Frau Gülsem. Er schmunzelt: „Erst verliebte sie sich in meine Gerichte, dann in mich.“ Gülsem arbeitet heute im Yakamoz-Büro mit. Das Paar hat mit Cihan einen zehnjährigen Sohn. Daheim spricht man deutsch. Deniz Tugcu lernte die Sprache einst mittels Radio und Fernsehen, ist seit langem Deutscher und verinnerlichte einige Grundsätze: „Sauberkeit, Pünktlichkeit, Disziplin – diese Dinge sind wichtig in diesem Land. Wer das nicht beherzigt, passt nicht hier hin.“

Seine Prinzipien halfen dem meist gut gelaunten 48-Jährigen auch im Geschäft. Das Restaurant zog 2008 zum Markt um und wurde nach dem Rohrbruch 2012 und der Erweiterung 2017 zweimal modernisiert. Deniz Tugcu, der seinen markanten Bart übrigens erst seit 2020 trägt und ihn täglich 20 Minuten lang mit Gel in Form bringt, kocht bis heute leidenschaftlich. Das aufgebaute Zweitgeschäft erfordert jedoch ebenfalls viel Aufmerksamkeit: „Ich wollte schon lange meinen eigenen Raki herstellen. Ab 2017 ging ich es an.“ Mit Professoren und Ingenieuren entwickelte er das Rezept zu seiner Raki-Variante in der Türkei. „Dieser Anisschnaps muss in der Türkei gemacht werden, sonst darf er nicht Raki heißen. Das ist wie beim Champagner.“

Was ist das Besondere am patentierten Yakamoz-Raki, der aus kernlosen Trauben gewonnen wird? „Er wird im Kupferfass dreifach destilliert, wodurch er seine angenehme Milde erhält, und ruht anschließend 90 Tage zu Gunsten des Aromas. Außerdem ist der Ethanolreinheitsgrad mit 99,24 % sehr hoch. Das bedeutet: Kein bitterer Geschmack und keine Kopfschmerzen“, erläutert Tugcu grinsend. Ismail Karaman, ein führender Produzent alkoholischer Getränke aus Antalya, war überzeugt und brennt den Yakamoz-Raki seit 2019, auch wegen Tugcus innovativer Idee eines Raki-Festivals.

Das 2022 als „Europas erstes Open-Air-Raki-Fest“ eingeführte Event findet am 12. Juli zum vierten Mal mit strahlend weiß gedeckten, dekorierten Tischen, Live-Bühnenprogramm und Speiseangebot auf dem Eschweiler Markt statt – aufgrund zusätzlicher Stehplätze diesmal für bis zu 2.000 Gäste. „Eventuell übertragen wir dieses erfolgreiche Konzept auch in größere Städte. Aber solange wir Festivals organisieren, bleibt das in Eschweiler immer bestehen.“

Wo er lebt, zeigt Deniz Tugcu gerne. Der Name der Stadt ist auf allen stilvoll geformten Flaschen eingraviert, die schon zu Zehntausenden beispielsweise in Deutschland (unter anderem bei Rewe und Edeka), Großbritannien, Frankreich und der Schweiz über die Ladentheke gingen. Ein Mokka-Likör, Aperitif und Gin kamen hinzu. „Eschweiler ist meine Heimat. Wenn ich montags an unserem Restaurant-Ruhetag in die Stadt gehe, komme ich mit vielen netten Bekannten ins Gespräch. Meine Frau wundert sich, wenn ich vor zweieinhalb Stunden zurück bin“, erzählt er lächelnd und stößt mit seinen zum Tischgespräch mitgebrachten Spirituosen an („Genießen, nicht trinken!“).

Dabei berichtet er von seinen nächsten Plänen: Er möchte Lager und Verwaltung für den internationalen Vertrieb der Getränke vom derzeitigen Standort Hamburg nach Eschweiler verlegen, damit Arbeitsplätze und Gewerbesteuer künftig Eschweiler zugutekommen. Die Planungen für das Logistikzentrum laufen, 2028 soll es soweit sein. „Wenn man überzeugt etwas angeht, hat man schon 50% geschafft!“ Ein Motto, das Deniz Tugcu bei seinen Visionen oft geleitet hat.

Tim Schmitz

Dieser Artikel wurde in der Juni-Ausgabe des REGIO LIFE-Magazins veröffentlicht. REGIO LIFE erscheint alle zwei Monate und liegt kostenlos zum Mitnehmen in vielen Geschäften und an weiteren Stellen in Eschweiler und Umland aus.