27.11.2024
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ANGEMERKT

Michael Engelbrecht, Herausgeber der Filmpost, bezieht mit „ANGEMERKT“ Stellung zur Marktsperrung und zur Mitteilung von Bündnis 90/Die Grünen.

Der letzten Pressemeldung der Grünen, in Zusammenhang mit der verlängerten Schließung der Markstraße, kann man „anmerken“, dass sie mit besonderer Freude verfasst wurde, geht doch ein seit mehr als 20 Jahren bestehendes Wunschprojekt der Grünen so langsam seinem Ende zu. Bei aller Freude haben die Verfasser anscheinend aber nicht bemerkt, dass weder der Erfolg sonderlich groß noch das Vorhaben besonders sinnvoll ist, in Hinsicht auf die Entwicklung der Stadt und des Marktes.

Die Durchfahrt des Eschweiler Marktes für „nervige“ Autofahrer um ganze 3 Stunden zu verringern, ist eher Rückschritt als Fortschritt. Aufenthaltsqualität in Innenstädten schafft man nicht durch das Verbot des individuellen Verkehrs, sondern durch Leitmaßnahmen und strategisch günstige Parkflächen.

Denn nur so erhält man lebendige Innenstädte, die zum Verweilen einladen und die dann die soziale Kontrolle des Gemeinwesens ermöglichen.

Tatsächlich ist nicht nur in Berlin (Friedrichstraße) und im benachbarten Alsdorf das Experiment, „Autos raus aus der Stadt”, krachend gescheitert. Der vorprogrammierte Zusammenbruch des Einzelhandels konnte nur durch die sofortige Rücknahme der Maßnahme verhindert werden. Die Umsätze waren in den betroffenen Geschäften um mehr als 60% eingebrochen.

Nun könnte man meinen, dass auf dem Eschweiler Markt, der ja mehr von Gastronomie geprägt ist, andere Regeln gelten. Und ja, es gibt durchaus Besucher, vorwiegend im Sommer, die sich durch den Autoverkehr gestört fühlen, manchmal nachvollziehbar, aber nach Rückfrage handelt es sich dabei eher um eine deutliche Minderheit. Und ja, es gibt auch vereinzelt Anwohner, die sich gestört fühlen, aber da erhebt sich die Frage, ob wirklich der automobile, nächtliche Verkehr für die Störung ursächlich ist. Und ob man nicht gewisse Einschränkungen in Kauf nehmen muss, wenn man an einem belebten Markt mitten in der Stadt wohnen möchte.

Viel bedeutsamer ist allerdings die Erkenntnis, dass sich in Innenstädten etwas verändern muss, wenn sie nicht veröden sollen. Dass sich das Kaufverhalten durch das Internet fast völlig geändert hat, ist eine unangenehme Tatsache und höchsten langfristig zu ändern, wenn überhaupt. Diesen Trend zu verstärken, indem man privaten Autos den Zugang zur Stadt verweigert und notwendige Parkplätze sinnlos wegfallen lässt, ist der falsche Weg.

Das gilt für den Eschweiler Markt und ist sogar irgendwie eine Blaupause für die ganze Stadt. Der fließende und der ruhende Verkehr müssen klüger geleitet werden. Schrittgeschwindigkeit (Markt) muss durchgesetzt und Wildparker auf Seitenstreifen müssen entfernt werden, so dass ein ungehindertes, langsames Durchfahren im Miteinander mit Fußgängern und Radfahrern gefahrlos möglich ist. Die bestehenden Parkplätze müssen deutlich gekennzeichnet sein, am Tage vielleicht sogar zeitlich begrenzt.

Die Schließung des Marktes für den Autoverkehr ab 19.00 Uhr hat für den kleinen Teil des Einzelhandels an der Stelle keinen Einfluss, für die Gastronomie sehr wohl. Es sind ja nicht nur die vielgescholtenen Poser, die den Markt befahren, sondern zumeist Menschen, die gerade im Sommer, per Durchfahrt erkunden wollen, ob sich Freunde oder Bekannte dort aufhalten, um zu entscheiden, ob sie den Markt besuchen. Können sie das nicht, kommen sie erst gar nicht. Dass ein anderer Teil der Menschen, auf Grund von Alter und Gebrechen, und weil sie vielleicht in entfernteren Ortsteilen wohnen, dann den Markt nicht mehr besuchen können und werden, ist sicherlich ein weiterer Aspekt.

Aber der Hauptgrund, den Markt nicht oder erst viel später zu sperren, ist die vertane Möglichkeit und Chance der intelligenten Doppelnutzung des Marktes. Im Sommer schöner Aufenthaltsort mit dem vielfältigen Angebot in der ansprechenden Außengastronomie, könnte er im Winter als Parkplatz für die Lokale der am Markt ansässigen Wirte dienen. Selbst eine moderate Bewirtschaftung der Fläche zugunsten der klammen Stadtkasse wäre möglich und gewiss ein Erfolg.

Das stärkt die Gastronomie an der Stelle ungemein und setzt ein Zeichen, wie die Stadt, ohne Kosten zu verursachen, ihre handelnden Gewerbesteuerzahler effektiv unterstützen könnte. Zusätzlich gäbe es eine weitere soziale Kontrolle, die den eher ungemütlichen Markt und sein Umfeld in der dunklen Zeit für die Besucher sicherer machen würde.

Zum Glück ist ja das allerletzte Wort nicht gesprochen, und das Gute an den Pollern ist, dass man sie sowohl herauf wie auch herunterfahren kann.

Michael Engelbrecht