06.06.2021
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Spritpreise auf Jahreshöchststand: ADAC antwortet auf Fragen

Die Spritpreise bei Benzin und Diesel haben einen neuen Jahreshöchstand erreicht. Laut aktueller ADAC Auswertung kostet ein Liter Super E10 im Bundesdurchschnitt jetzt 1,498 Euro. Der Preis für einen Liter Diesel liegt momentan bei 1,348 Euro. Mit der jüngsten Verteuerung hat der Benzinpreis zugleich das höchste Niveau seit Mai 2019 erreicht, der Dieselpreis seit November 2018. Damals kostete ein Liter Super E10 im Schnitt 1,508 Euro und ein Liter Diesel 1,431 Euro.

Der ADAC Nordrhein beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema Spritpreise:

 

1. Warum sind die Spritpreise seit Jahresbeginn so stark angestiegen?

Der kräftige Preisanstieg hat mehrere Gründe. Die Einführung einer CO2-Abgabe zum 1. Januar hat dazu geführt, dass Benzin um etwa sieben und Diesel um acht Cent je Liter teurer geworden sind. Hinzu kommt, dass seit Jahresbeginn in Deutschland der alte Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent wieder gilt. Damit ist der Preis für beide Kraftstoffsorten jeweils um weitere rund drei Cent je Liter gestiegen. Hauptgrund für die aktuell weitere Verteuerung ist der Anstieg des Rohölpreises. Der Preis für ein Barrel der Sorte Brent liegt nach dem Sinkflug im letzten Jahr inzwischen wieder bei mehr als 70 US-Dollar (Stand 2. Juni 2021) und damit mehr als 15 Dollar über dem Niveau von Ende Februar 2020, vor dem ersten Corona-Lockdown. Im Vergleich zu Mitte Dezember 2020 ist der Liter Super E10 bis Anfang Juni um fast 28 Cent teurer geworden, für Diesel müssen Autofahrer aktuell rund 25 Cent pro Liter mehr zahlen als noch im Dezember.

 

2. Wie setzt sich der Spritpreis zusammen?

Den größten Anteil machen beim aktuellen Benzinpreis und Dieselpreis die Steuern aus. Je Liter Benzin werden festgeschriebene 65,45 Cent Energiesteuer (früher Mineralölsteuer) fällig. Für Diesel liegt der Energiesteuersatz bei 47,04 Cent pro Liter. Hinzu kommt die Mehrwertsteuer mit 19 Prozent. Sie wird auf den Warenpreis sowie die Energiesteuer erhoben. Eine weitere Komponente ist der Produkteinstandspreis, der Preis der importierten Ware, dessen Höhe von der aktuellen Lage auf den Ölmärkten abhängt. Den Rest bezeichnet man als Deckungsbeitrag. Darin enthalten sind zum Beispiel die Kosten für Transport, Lagerhaltung, Verwaltung, Vertrieb und Weiterverarbeitung bis zur Zapfsäule sowie die CO2-Abgabe und der Gewinn der Mineralölkonzerne.

 

3. Wie hoch ist die Gewinnmarge pro Liter für den jeweiligen Konzern?

Die Gewinnmarge hängt stark vom Ölpreis ab. Nach dem ersten Lockdown im letzten Jahr war das Rohölpreis-Niveau sehr niedrig, die Margen dementsprechend hoch. Inzwischen ist der Ölpreis wieder gestiegen, die Margen sind leicht rückläufig. Man geht von etwa einem bis fünf Cent pro Liter aus. Die Mineralölkonzerne lassen sich aber natürlich nicht genau in die Karten schauen. Auch die Höhe der Deckungskosten, zum Beispiel für den Transport, hat einen Einfluss auf die Gewinnmarge.

 

4. Wie hoch ist der Anteil für den Pächter?

Der Pächter verdient pro Liter verkauftem Kraftstoff etwa einen Cent. Seine Haupteinnahmequelle ist der Verkauf von Artikeln im Tankstellen-Shop, der etwa zwei Drittel seines Umsatzes ausmacht.

 

5. Ist der Steueranteil in diesem Zusammenhang ein fester Betrag pro Liter?

Die Höhe der Energiesteuer pro Liter Sprit ist festgeschrieben und beträgt 65,45 Cent bei Benzin und 47,04 Cent bei Diesel. Hinzu kommen 19 Prozent Mehrwertsteuer auf den Warenpreis und die Energiesteuer.

 

6. Wie hoch ist der Anteil der CO2-Bepreisung?

Anfang 2021 ist die CO₂-Bepreisung im Verkehr in Kraft getreten. Der Preis für eine Tonne Kohlendioxid ist zunächst mit 25 Euro angesetzt, wodurch sich über den Jahreswechsel der Liter Super E10 im Mittel um 7,7 Cent und der Liter Diesel um 7,6 Cent verteuert haben. Der CO₂-Preis wird jährlich angehoben und sollte ursprünglich 2025 bei 55 Euro liegen. Dann kosten wahrscheinlich der Liter Benzin alleine durch den CO2-Preis 15 Cent und der Liter Diesel 17 Cent mehr als Ende 2020. Schon diese bereits beschlossenen Maßnahmen werden viele Autofahrern stark belasten. Aktuell wird aber über eine noch deutlichere Anhebung des CO2-Preises diskutiert. Eine solche würde die Spritpreise noch stärker steigen lassen. Wichtig ist es aus Sicht des ADAC, die finanziellen Möglichkeiten vieler Bürger nicht zu überschätzen und eine breite Akzeptanz von klimapolitischen Maßnahmen sicherzustellen.

 

7. Wie lässt sich der ständige Wechsel der Spritpreise im Verlauf eines Tages erklären?

Die Preisentwicklung bei Benzin und Dieselkraftstoff ist durch häufige sogenannte „Preisrunden“ gekennzeichnet, die nach einem weitgehend festen Schema ablaufen. Jede dieser Runden stellt einen Versuch der Mineralölwirtschaft dar, die eigene Gewinnsituation zu verbessern. Allerdings muss jede durchgeführte Preiserhöhung erst im Wettbewerb durchgesetzt werden. Meistens sinken die Preise einige Zeit nach der Anhebung wieder ab - bis zur nächsten Preisrunde.

 

8. Wieso gibt es bei einer Marke zur gleichen Zeit unterschiedliche Preise innerhalb einer Stadt?

Die Tankstellenketten nehmen eine sehr starke hyper-lokale Differenzierung in der Preisgestaltung vor und bewerten computergestützt jeden einzelnen Tankstellen-Standort individuell, auch innerhalb einer Stadt. Der Benzinpreis hängt zum Beispiel entscheidend von der Konkurrenzsituation am Standort ab. Hat die Tankstelle ein Alleinstellungsmerkmal oder gibt es im Umkreis von wenigen Metern weitere Tankstellen? Ob die Tankstelle an einer Autobahn liegt, im Gewerbegebiet, in der Innenstadt oder auf dem Land spielt auch eine wichtige Rolle. Deshalb variieren die Preise je nach Tankstelle auch innerhalb einer Kette.

 

9. Gibt es eine konzerninterne zentrale Steuerung? Haben die Preise benachbarter Tankstellen Einfluss auf die Preisgestaltung? Wie gehen die Konzerne dabei vor?

Ja, die gibt es. Jeder Tankstellen-Standort wird computergestützt und mit Hilfe eines Algorithmus bewertet. Auch die Preise benachbarter Tankstellen haben einen Einfluss. Kraftstoffpreise sind Marktpreise. Letzten Endes entscheidet der Wettbewerb über die Höhe des konkreten Preises an der Tankstelle. So kann häufig bereits eine einzige Tankstelle mit einer attraktiven Preisgestaltung nicht nur die eigenen Marktanteile spürbar erhöhen, sondern auch für Bewegung auf dem örtlichen Kraftstoffmarkt und ein generelles Absinken des Preisniveaus sorgen. Wir empfehlen Verbrauchern deshalb, konsequent die Preise zu vergleichen und bei günstigen Stationen sowie zu einem günstigen Zeitpunkt zu tanken, um auf diese Weise Druck auf teure Anbieter auszuüben und die Konkurrenz zwischen den verschiedenen Tankstellen vor Ort zu fördern.

 

10. Wieso können „Freie Tankstellen“ günstiger sein?

Die „Freien Tankstellen“ setzen bei ihrer Preisstrategie eher auf Massenverkauf anstatt auf Premium-Angebote mit Rundum-Wohlfühlpaket. Sie haben zudem weniger Verwaltungs- und Personalkosten als die großen Tankstellenbetreiber. Und sie verzichten in der Regel darauf, dem Sprit Zusatzstoffe beizumischen. Deshalb ist das Benzin an „Freien Tankstellen“ oft einige Cent günstiger als bei den Markentankstellen. Dem Treibstoff der „Freien Tankstellen“ wird oft nachgesagt, es sei qualitativ schlechter. Dieser Mythos gehört ins Reich der Fabeln. Fakt ist: Für Markenbenzin sowie für Benzin der „Freien Tankstellen“ sind die Anforderungen der Kraftstoffqualität gesetzlich geregelt und in den Kraftstoffnormen festgeschrieben. Das Benzin, egal für welche Tankstelle, stammt aus den gleichen Raffinerien. Kontrollen seitens des ADAC haben in der Vergangenheit keine Qualitätsunterschiede zwischen Sprit der No-Name-Tankstellen und beispielsweise Aral oder Shell ergeben. Der Unterschied: Markentankstellen fügen Additive (Zusatzstoffe) hinzu, die einen Einfluss auf die Qualität, Motorleistung oder den Benzinverbrauch haben sollen. Tests des ADAC haben die Wirksamkeit der Zusatzstoffe allerdings nicht belegt.

 

11. Gibt es innerhalb einer Stadt auch ein Gefälle abhängig von den sozialen Strukturen einer Kommune?

Die sozialen Strukturen rund um den jeweiligen Standort spielen bei der Preisgestaltung der Tankstellen eher keine Rolle. Entscheidend ist vielmehr die Wettbewerbsstruktur in der direkten Umgebung. Wenn es sehr nah beieinander mehrere Tankstellen gibt, ist der Konkurrenzdruck größer. Das sorgt in der Regel für niedrigere Preise als in Stadtteilen, wo es nur eine Tankstelle gibt.

 

12. Gibt es günstige und ungünstige Tageszeiten für das Tanken?

Wir empfehlen, beim Tanken unbedingt die regelmäßigen Schwankungen der Spritpreise im Tagesverlauf zu beachten. Am günstigsten kann man generell abends zwischen 18 und 22 Uhr tanken. Etwa gegen 19.30 Uhr, zu einer Zeit also, zu der bereits viele vermeintlich erfahrene Spritpreisjäger unterwegs sind, drehen die Konzerne neuerdings aber nochmal ein bisschen stärker an der Preisschraube. Insofern erscheint der Zeitraum zwischen 20 und 22 Uhr aktuell am besten. Am teuersten ist es morgens zwischen 5 und 8 Uhr. Der Unterschied macht teilweise mehr als 10 Cent pro Liter aus, ein Preisvergleich bzw. die Berücksichtigung der Tageszeiten lohnt sich also. Eine gute Hilfe ist zum Beispiel die kostenlose ADAC Spritpreise-App, mit der man sich minutengenau die aktuellen Preise der Tankstellen in seiner Umgebung oder aber entlang der geplanten Route anzeigen lassen kann.

 

13. Viele belächeln die „Pfennigfuchserei“ beim Tanken, wie hoch ist denn das Sparpotential wirklich?

Wer statt zum teuersten Zeitpunkt morgens um 7 Uhr regelmäßig den günstigsten Zeitpunkt zwischen 18 und 22 Uhr wählt und die günstigste Tankstelle vor Ort, kann pro Liter Benzin 11 Cent oder manchmal sogar noch mehr sparen. Ein Beispiel mit 11 Cent Ersparnis pro Liter: Bei einer Fahrleistung von nur 15.000 Kilometern im Jahr und einem Durchschnittsverbrauch von 8 Litern Benzin auf 100 Kilometern beträgt das Sparpotential 1200 Liter Benzin (15000:100 x8) mal 0,11 Euro, also 132 Euro. Damit kann man mit einer vierköpfigen Familie am Jahresende zumindest einmal schön Essen gehen, sofern es die Corona-Situation wieder zulässt.

 

14. Lohnt es sich Super E10 zu tanken?

Ja, wir empfehlen den Fahrern von Benzin-Pkw nach Möglichkeit auf Super E10 umzusteigen. Super E10 zahlt sich auf zweifache Weise aus: Wenn alle Pkw, die E10 technisch vertragen, auch damit betankt würden, könnten in Deutschland bis zu drei Millionen Tonnen CO2 jährlich eingespart werden. Auch finanziell lohnt sich E10 für die Autofahrer. So kostet ein Liter Benzin mit dem bis zu zehnprozentigen Bio-Ethanol-Anteil im Schnitt fünf Cent weniger als Superbenzin, das bis zu fünf Prozent Bio-Ethanol enthält. Der deutliche Preisanstieg beim Tanken zum Jahreswechsel aufgrund der neuen CO2-Abgabe kann damit zu einem großen Teil aufgefangen werden.

 

15. Wie kann man sonst noch Sprit einsparen?

Zum Beispiel, indem man auf nicht notwendige Autofahrten verzichtet, kürzere Strecken mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurücklegt oder den ÖPNV nutzt. Und auch im Auto kann man etwas tun, nämlich spritsparend fahren. Das bedeutet: flott beschleunigen, möglichst rasch die Gänge hochschalten und dann mit niedrigen Drehzahlen die gewählte Geschwindigkeit beibehalten. Den Reifendruck kontrollieren, nicht benötigte Geräte wie die Klimaanlage, Sitz- oder Lenkradheizung abschalten, wenn man sie nicht braucht, und unnötige Gegenstände aus dem Fahrzeug räumen, wirkt sich ebenfalls positiv auf den Verbrauch aus. Wer seine Fahrweise optimiert, kann bis zu 20 Prozent Sprit sparen.

 

Redaktion