24.04.2020
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„Wir werden kaum berücksichtigt!“ Gastronomien mahnen.

Leere Plätze in der Gastronomie – auf die prekäre Situation machte der Eschweiler Wirteverein heute Morgen vor dem Rathaus aufmerksam. Obwohl Ziele wie Kurzarbeitergeld mittlerweile teilweise umgesetzt sind, kritisieren Restaurants, Gaststätten und Kneipen: „Wir werden links liegen gelassen!“

Bewusst wurde die Mahnwache am heutigen Vormittag bis zum Schluss nicht angekündigt, damit der Platz leer bleibt. So ist es derzeit bei Restaurants, Gaststätten und Kneipen der Fall. Versammlungsleiter war Marc Lersch, der Vorsitzender zweier Organisationen ist, die nun ihre Stimme erheben.

Als Kopf des Eschweiler Wirtevereins und der DEHOGA Eschweiler organisierte er mit seinen Gastronomie-Kollegen die Mahnwache vor dem Eschweiler Rathaus. Das Motto „ein unbesetzter Stuhl für jeden gewerblichen Betrieb“ sollte die Kritik veranschaulichen, dass die Gastronomien bei den bisherigen Überlegungen der Politik kaum Berücksichtigung finden.

Hoffnungslosigkeit
So mache sich in Deutschland bei rund 220.000 Gastronomiebetrieben mit ca. 2,4 Millionen Beschäftigten Perspektivlosigkeit breit. Ihre Tische und Stühle bleiben leer. Selbst mit den Hygienemaßnahmen und den Mindestabständen bleiben Umsätze von 50 Prozent des „normalen“ Niveaus bei den ausfallenden Großveranstaltungen wie Messen und Konzerte eine Illusion, sieht man einmal von verunsicherten Gästen ab. Deniz Tugcu vom Restaurant Yakamoz ist einer von vielen Gastronomen, die derzeit einen Außer-Haus-Verkauf anbieten, um zumindest einen Teil der Einnahmen wieder zu erwirtschaften: „Unser Angebot wird eher am Wochenende angenommen, aber in der Woche sieht es eher mau aus.“, berichtet Tugcu.

Von den Unwägbarkeiten betroffen sind in Nordrhein-Westfalen 51.000 Betriebe mit 400.000 Beschäftigten und rund 10.000 Auszubildenden. Die Politik startet Überlegungen zum Neustart des Wirtschaftslebens, aber unverändert brenzlig bleibt die Situation für Bewirtungsbetriebe. „Wir sind existentiellen Risiken ausgesetzt, obwohl es Möglichkeiten gäbe.“, so Marc Lersch stellvertretend für die Wirte. Es gäbe seitens der Behörden keine Aussagen zur Öffnung und zur Durchführung von Feierlichkeiten unter besonderen Voraussetzungen.

Wo liegen die Probleme?
Viele Fragen sind ungeklärt und stellen keinen Hoffnungsschimmer dar. Die behördlichen Zuständigkeiten, wenn es um die Entschädigungsleistungen, die den Gastronomien nach dem Infektionsschutzgesetz zustehen, sind nicht geklärt. Die Wirte fragen: „Was ist mit einer Antragsstellung an den LVR und die daraus entstehende Geltendmachung der Ansprüche?"

Die Betriebsschließungsversicherung – viele Gastronomen haben diese Absicherung abgeschlossen, die genau für den aktuellen Fall eintritt, dass Betriebe von Amts wegen schließen müssen. Derzeit bieten einige Versicherungsgesellschaften die sogenannte „Bayerische Lösung“. Demnach gibt es einen Abschlag in Höhe von 15 Prozent der eigentlich zu leistenden Versicherungssumme. Das lehnt der DEHOGA Nordrhein allerdings ab. Nach der Ansicht dieser Vereinigung will sich die Versicherungsgesellschaft damit recht preiswert aus den jeweiligen Schadensfällen herauskaufen.

„Das ist ein Thema, worum sich die Politik dringend kümmern muss und zwar in einem gerichtlichen Eilverfahren. Die Gastronomien sind dringend auf solche Zahlungen angewiesen. Die Versicherungen spielen auf Zeit, die wir nicht mehr haben.“, ist sich auch Marc Lersch sicher und ergänzt: „Ein weiterer Baustein der Unterstützung ist die Senkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent. Ohne diese Maßnahme wären alle Sofortrettungspakete nichtig, weil sonst der Fortbestand definitiv nicht gesichert ist."

Dafür die Mahnwache
So entschloss sich ein Teil der indestädtischen Wirte für die Mahnwache, die eben um 11 Uhr vor dem Rathaus startete – mit einem unbesetzten Stuhl für jeden gastgewerblichen Betrieb. Die leeren Stühle wurden mit entsprechendem Sicherheitsabstand positioniert um zu verbildlichen, wie es der Branche – Gastronomie und Hotellerie – gerade geht. Unter Beachtung der Hygienestandards hielten die Teilnehmer die Mindestabstände ein. Im Vorhinein wurde die Versammlung bei den Behörden angemeldet.

Mehr als 60 Stühle wurden auf dem Rathausvorplatz durch einen Gastronomen zentral aufgebaut. Jeder der teilnehmenden Betriebe brachte aus seiner Gaststätte einen Stuhl vorbei. Die restlichen Stühle wurden zentral aufgestockt.

Teilnehmende Wirte
An der Aktion, an der sich ein Video-Rundgang durch die Betriebe anschloss, beteiligten sich folgende 16 indestädtische Gastronomien: Bohler Heide, Der Grieche, Gasthof Rinkens, Haus Lersch, Hotel Flatten, Hotel zur Altdeutschen, Indemann, Kegelcenter Knickertsberg, Kleiner Gürzenich, Kulturzentrum Talbahnhof, Mexi & Co, Pfanntissimo, Seehaus 53, Stadtkrone, Tannenbergstuben und Yakamoz. Bürgermeister Rudi Bertram und Kämmerer Stefan Kaever bekundeten ihre Solidarität und kamen mit den Wirten ins Gespräch.
 
Die politischen Ziele
Marc Lersch und seine Mitstreiter wollen bewegen. Vergleichbar mit bereits abgehaltenen Mahnwachen in Düsseldorf und Leverkusen geht es hauptsächlich darum, dass die Gastronomie bei den Corona-Maßnahmen nicht aus dem Auge verloren wird. Bundesweit fanden Mahnwachen unter dem Hashtag #gastaus statt. Die konkreten Forderungen an die Regierung :

- ein klarer Fahrplan und eine klare Perspektive für die Wiedereröffnung: Es soll genannt werden, wie viele Menschen sich auf wie vielen Quadratmetern aufhalten dürfen.
- Aufstockung von Zuschüssen für alle Unternehmensgrößen, die sich an der Steuererklärung bemisst.
- Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf 80 Prozent und Einführung und Unterstützung von Kurzarbeitergeld für Auszubildende und 450€-Kräfte.
- Mehrwertsteuer von sieben Prozent für das Gastgewerbe, rückwirkend vom 01.01.2020.

Ausblick
Dass mittlerweile die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes erreicht und eine Mehrwertsteuer zumindest bei Speisen nun auf sieben Prozent herabgesenkt wurde, sehen die Gastronomen als Erfolg. Aber sie möchten, dass der reduzierte Steuersatz auch für Getränke gilt. Eine Befristung bewerten sie als falsche Maßnahme. Die Hoffnung bleibt, dass die Bundes- und Landesregierung am 30. April eine Perspektive für die Wiedereröffnung gibt: „Die Gesundheit unserer Gäste und Mitarbeiter hat höchste Priorität.“, versichert Marc Lersch abschließend die Verantwortung der Gastronomen.

Manuel Hauck