20.03.2020
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Derrière les mots - jenseits der Worte

Zumindest konnte die aktuelle Ausstellung des Eschweiler Kunstvereins, „Derrière les mots - jenseits der Worte“, am 8. März noch eröffnet werden. Der Titel der Ausstellung von Anja Maria Strauß und Claudine Mertens bezeichnet eine Welt jenseits der Worte. Sie ist ein Weg, das auszudrücken, was nicht in Worte gefasst werden kann.

Ein Bild erfassen wir viel schneller als einen Text. Das was mit vielen Worten zu beschreiben wäre und beim Lesen erst zu einem Bild im Kopf werden muss, ist visuell viel einfacher vermittelt. Mit Worten kann man sich zwar exakter und sachlicher ausdrücken, aber ein Bild spricht unsere intuitive Wahrnehmung an und damit den subjektiv-emotionalen Bereich. Eine Wahrnehmungswelt jenseits der Worte berührt den Betrachter sehr direkt und unmittelbar.

Die Kunst ist ein Medium, das die Sinneserfahrung schult, das uns auffordert, uns einzulassen. Diese sind grundverschieden, doch zeigen beide Wohlbekanntes aus dem täglichen Umfeld: Menschen, Tiere und Pflanzen. Doch sind ihre Sichtweisen auf das gewählte Motiv ganz neu und so wie die Künstlerinnen das „schon mal Gesehene“ darstellen wird es zum „so noch nie Gesehenen“.

Die Ausstellung eröffnete Nadine Müllers, Vorsitzende des Eschweiler Kunstvereins, in den Ausstellungsräumen des Talbahnhofs. Alexandra Simon-Tönges führte einfühlsam in die Ausstellung der Neusser Künstlerin Anja Maria Strauß und der Eupener Künstlerin Claudine Mertens ein.

 

Über die Künstlerinnen

Anja Maria Strauß verwendet für ihre Skulpturen, Installationen und Wandobjekte ausschließlich Elemente der Natur, die uns überwiegend bekannt sind und meistens nicht weiter beachtet werden: getrocknete Ahornfrüchte, die Schoten des Silberblatts, Weidenkätzchen, Bucheckern, die Fallschirmchen des Löwenzahns usw. Für die Künstlerin ist dieses Ausgangsmaterial bereits große Kunst, und als Absolventin der Staatlichen Schule für Blumenkunst in Weihenstephan hat sie sich bereits intensiv mit dem kunstvollen Arrangement von Pflanzen, Blumen und Gräsern befasst. Doch mit ihrer Kunst rückt sie ab von der Dekoration und setzt die Natur in einen völlig neuen Kontext. 

Während Blumenkünstler meist ein Gesamtarrangement schaffen und es um die Wirkung einer Zusammenstellung geht, konzentriert sich Anja Maria Strauß auf die Inszenierung einer einzelnen, individuellen Pflanze. So wird die Aufmerksamkeit auf einen Bestandteil der Natur gelenkt, den wir zwar schon einmal gesehen, so aber noch nie betrachtet haben.

Vertraut und fremd zugleich – dies trifft auch auf die Gesichter von Claudine Mertens zu. Mit großer Hingabe und viel Intensität erforscht sie menschliche Gesichter und Körper – und Hundegesichter. Diese bringt sie mit Tinte, Kohle, Fineliner oder Ölkreide und zügigem Strich auf das Papier, meist in einer reduzierten Farbigkeit. Gerne verwendet sie eine zarte, oft zittrige Linienführung. Diese Linie weicht auch manches Mal von der genauen Konturierung des Gesichts ab und scheint willkürliche Wege zu gehen. Dadurch wird deutlich, dass es Claudine Mertens nicht um das physiognomisch korrekte Abbild einer Person geht, sondern um die Darstellung prägnanter Merkmale. 

Der Betrachter mag Merkmale finden, die ihm bekannt oder gar vertraut vorkommen, vielleicht sieht man auch etwas von sich selbst darin. Claudine Mertens verleiht ihren Dargestellten so wenig individuelle Züge wie nötig und so viel Gemüts- oder Seelenzustände wie möglich. Was sie zum Ausdruck bringen möchte, ist immer das menschliche an sich. 

 

Schärfung der Wahrnehmung durch konzentrierte Darstellungsformen

Und damit wird eine weitere Gemeinsamkeit beider Künstlerinnen deutlich: Beide möchten unsere Wahrnehmung schärfen durch die sehr konzentrierte Form der Darstellung. Zudem ist ihnen eine durchdachte und schlüssige Gesamtkomposition gelungen. Die Räume der Kunstsammlung haben sie gemeinsam so bespielt, dass zahlreiche thematische und formale Bezüge entstehen. Beide Künstlerinnen verleihen ihren Protagonisten stets eine selbstbewusste Haltung – doch ohne ihre Fragilität und Verletzlichkeit zu verbergen. Beide zeigen die Vergänglichkeit des Lebens und begegnen ihm doch mit großer Wertschätzung. Anja Maria Strauß zeigt Pflanzen, die die meisten so nur noch beiseite kehren würden. Und den ungeschönten Gesichtern von Claudine Mertens ist das gelebte Leben ins Gesicht geschrieben. Beide verweisen damit auf den ewigen Kreislauf des Werdens und Vergehens und betonen zugleich die Einzigartigkeit des Augenblicks, indem sie genau diesen einen Moment des Seins festhalten.

Wer sich nun, nach Schließung der Ausstellung, weitergehend über die Künstlerinnen und die Ausstellung informieren möchte, kann den Eschweiler Kunstverein kontaktieren, per E-Mail an: info@eschweiler-kunstverein.de

Homepage des Kunstvereins: www.eschweiler-kunstverein.de