06.02.2020
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ADAC Staubilanz 2019: Autofahrer steckten in NRW länger im Stau

ADAC Presse-Info Nordrhein

Nordrhein-Westfalen belegt in der aktuellen ADAC Staubilanz unverändert den Spitzenplatz. Mehr als ein Drittel aller bundesweiten Stauereignisse (Staus und stockender Verkehr) entfiel 2019 weiterhin auf NRW (36 Prozent). Auch bei den Staukilometern (32 Prozent) und Staustunden (33 Prozent) hatte Nordrhein-Westfalen den größten Anteil. Laut ADAC Verkehrsdatenbank sank die Anzahl der Staumeldungen in NRW auf den mehr als 2200 Autobahnkilometern im vergangenen Jahr leicht von fast 264.000 (2018) auf gut 253.000 Staumeldungen. Im Vergleich zum Vorjahr wurden damit etwa 4 Prozent weniger Staus gemeldet, die Gesamtstaudauer stieg allerdings deutlich an (plus 11 Prozent). Rund 171.000 Stunden steckten Autofahrer 2019 in Stau und stockendem Verkehr fest (2018: 154.000). In Summe ergaben alle Stauereignisse in NRW eine Länge von knapp 453.000 Kilometern (2018: 486.000) - ein Rückgang von 6,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Die gewaltigen Pendlerströme und der starke Transitverkehr in NRW sorgen in Kombination mit der hohen Anzahl von Baustellen unverändert für großes Staupotenzial“, erklärt Verkehrsexperte Prof. Dr. Roman Suthold vom ADAC Nordrhein.

Bei der Stau-Belastung (neue Kenngröße) lag Nordrhein-Westfalen im Bundesvergleich ebenfalls vorne. Auf NRW entfiel mit insgesamt rund 452.000 Kilometer mal Stunden ein Anteil von 28 Prozent an der deutschlandweiten Stau-Belastung. Im Vergleich zum Vorjahr nahm die Stau-Belastung in Nordrhein-Westfalen um 8,6 Prozent zu (2018: 416.000 Kilometer mal Stunden). Die Stau-Belastung beschreibt die räumlich-zeitliche Ausdehnung eines Staus. Sie ermittelt sich, indem man die Länge (Kilometer) und die Dauer (Minuten bzw. Stunden) eines Staus miteinander multipliziert. So werden langanhaltende Staus entsprechend stärker berücksichtigt als kurzfristige Stauereignisse.

Hinweis: Mehr Informationen zur neuen Kenngröße Stau-Belastung finden Sie am Ende des Textes.

Besonders belastet waren in NRW auch im vergangenen Jahr wieder die A 1, A 40, A 3 und A 46. Der Autobahnabschnitt mit den meisten Stauereignissen war die A 40 zwischen Essen und Dortmund (15.940 Meldungen). Bezogen auf die Anzahl der Staukilometer je Kilometer Autobahn erreichte der Abschnitt ebenfalls den NRW-Höchstwert (875) und lag damit auch bundesweit vorne. Am längsten steckten die Autofahrer in NRW auf der A 1 zwischen Köln und Dortmund im Stau und stockenden Verkehr (12.753 Stunden). Die Gesamt-Staulänge lag hier bei 32.196 Kilometern. Auf Grundlage der neuen Kenngröße Stau-Belastung (Dauer eines Staus mal Länge) waren mit 38.092 Kilometer mal Stunden die Auswirkungen für die Verkehrsteilnehmer auf diesem Abschnitt am größten. Den mit 28 Kilometern längsten Stau in NRW gab es am 31. Oktober 2019 auf der A 3 (Köln - Arnheim) zwischen Ratingen-Ost und Oberhausen.

Insgesamt sank die Zahl der Stauereignisse auf deutschen Autobahnen auf rund 708.500 (2018: 745.000). Die gemeldeten Staulängen summierten sich auf etwa 1,42 Millionen Kilometer Stau und stockenden Verkehr (2018: 1,53 Millionen). Im Vergleich zu 2018 nahmen die erfassten Stauereignisse damit um rund fünf Prozent ab, die Staukilometer um ca. sieben Prozent. Die registrierten Staustunden beliefen sich auf rund 521.000 Stunden (2018: 459.000) und lagen somit 14 Prozent über Vorjahresniveau. Somit wurden 2019 zwar etwas weniger Staus gemeldet, diese dauerten im Schnitt aber länger. Die Stau-Belastung (räumlich-zeitliche Ausdehnung) aller gemeldeten Stauereignisse betrug bundesweit 1,6 Millionen Kilometer mal Stunden. Das entspricht einer Zunahme von 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Neben Nordrhein-Westfalen (36 Prozent) hatten wie im vergangenen Jahr Bayern (18 Prozent) und Baden-Württemberg (11 Prozent) die meisten Staumeldungen zu verzeichnen. Insgesamt entfielen auf diese drei Bundesländer 65 Prozent (2017: 63 Prozent) aller Stauereignisse. Im Verhältnis zu den vorhandenen Autobahnkilometern gab es 2019 in Hamburg und Berlin die höchste Stau-Belastung (564 bzw. 483 Kilometer mal Stunden) je Kilometer Autobahn. Bei den Flächenländern steht Baden-Württemberg mit einer Stau-Belastung von 281 je Autobahnkilometer vor NRW (200) an der Spitze.

Auf den Autobahnen mit überregionaler Bedeutung (Fernautobahnen) wurde in Summe eine Staulänge von rund 839.000 Kilometern ermittelt. Bezogen auf die gesamten Staukilometer entfielen somit knapp 60 Prozent auf die Fernautobahnen. Betrachtet man die Staukilometer der einzelnen Fernautobahnen bezogen auf die jeweilige Länge der Autobahn, liegt 2019 die A 3 (203 Staukilometer je Autobahnkilometer) vor der A 8 (187) und A 1 (175). Gleich mehrere Abschnitte im Großraum Köln gehörten erneut zu den Stauschwerpunkten:

- A 3 Köln - Oberhausen: 431 Staukilometer je Autobahnkilometer
- A 1 Köln - Dortmund: 364 Staukilometer je Autobahnkilometer
- A 4 Köln - Aachen: 327 Staukilometer je Autobahnkilometer
- A 1 Euskirchen - Köln: 231 Staukilometer je Autobahnkilometer

Besonders ausgeprägte Stauspitzen (Autobahnabschnitte, wo die Staus entstanden sind) traten auf den Fernautobahnen in NRW zwischen folgenden Anschlussstellen auf:

- A 1 Kreuz Köln-Nord - AS Köln-Niehl
- A 1 Kreuz Lotte/Osnabrück - AS Osnabrück Hafen
- A 1 Kreuz Dortmund/Unna - AS Schwerte
- A 1 AS Hagen-Nord - AS Hagen-West
- A 1 AS Hagen-West - AS Volmarstein
- A 1 AS Burscheid - Kreuz Leverkusen
- A 1 Kreuz Leverkusen - Kreuz Leverkusen-West
- A 3 AS Leverkusen-Zentrum - Kreuz Leverkusen
- A 3 AS Solingen - Kreuz Hilden

Zu den bundesweiten TOP-15-Abschnitten mit den meisten Staukilometern je Autobahnkilometer auf den übrigen Autobahnen zählten alleine elf aus NRW:

- A 40 Essen - Dortmund (1.): 875
- A 559 Köln-Porz - Köln-Gremberg (3.): 686
- A 40 Duisburg - Essen (4.): 683
- A 43 Recklinghausen - Wuppertal (6.): 499
- A 46 Düsseldorf - Wuppertal (7.): 493
- A 59 Bonn - Köln (8.): 472
- A 45 Hagen - Dortmund (10.): 421
- A 565 Bonn - Meckenheim (11.): 407
- A 57 Köln - Krefeld (12.): 363
- A 52 Düsseldorf - Essen (14.): 352
- A 42 Kamp-Lintfort - Dortmund (15.): 338

Der Tag mit den meisten Staumeldungen in NRW war Dienstag, der 8. Oktober (1634). Am Montag, den 18. November summierten sich die Staus in NRW auf eine Gesamtlänge von 3277 Kilometern (Höchstzahl). Die Staudauer erreichte am 19. Februar mit 2143 Stunden den Maximalwert. Deutschlandweit waren der 18. April (Gründonnerstag), 29. Mai (Mittwoch vor Christi Himmelfahrt), 2. August und 2. Oktober (Mittwoch vor dem Tag der Deutschen Einheit) mit einer Gesamtlänge von jeweils rund 8000 Kilometern Stau und stockendem Verkehr die staureichsten Tage 2019.

Im Verlauf des Jahres 2019 maß der ADAC bundesweit im August die meisten Staukilometer (151.049). Den Monats-Spitzenwert bei den Staumeldungen (70.864) und der Staudauer (54.161) erreichte der Oktober. In NRW gab es im Oktober sowohl die meisten Staumeldungen (26.032) als auch die meisten Staukilometer (46.152). Bei der Staudauer lag der Februar mit 21.152 Stunden vorne.

Der Wochentag mit den meistens Stauereignissen in Deutschland und auch in NRW war wie schon 2018 der Mittwoch (2593/983), gefolgt vom Donnerstag (2502/929). Im Tagesverlauf traten unter der Woche vor allem zwischen 6 und 9 Uhr morgens sowie zwischen 14 und 18 Uhr nachmittags die meisten Staus auf. Die wenigsten Staus gab es traditionell am Wochenende. Bundesweit löste der Samstag (826) den Sonntag (867) als stauärmsten Tag ab. In NRW bleibt der Sonntag (170) der Wochentag mit den wenigsten Staumeldungen (Samstag: 194).

Fazit: Im Jahr 2019 hat trotz etwas weniger Stauereignissen die Stau-Belastung auf Deutschlands Autobahnen insgesamt weiter zugenommen. Wesentliche Stau-Ursachen sind die zahlreichen Baustellen, Engpässe und das seit Jahren steigende Verkehrsaufkommen. Die Anzahl der gemeldeten Baustellen ist im letzten Jahr bundesweit um 20 Prozent gestiegen, in NRW gab es 22 Prozent mehr Baustellen. Die Kfz-Fahrleistung auf den Autobahnen ist 2019 bundesweit um 1,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr gewachsen.

„Die tägliche Verkehrsbelastung in NRW liegt 22 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Durch die Wichtigkeit NRWs als Industriestandort sind neben dem enormen Pendlerverkehr starke Liefer- und Güterverkehrsströme die Folge, und das auf einem nahezu unveränderten Autobahnnetz. Auch die vielen maroden Brücken, die inzwischen nach und nach saniert werden, sorgen derzeit und leider auch in den nächsten Jahren weiter für Baustellen und Staus“, erklärt Verkehrsexperte Prof. Dr. Roman Suthold vom ADAC in NRW. In den letzten Jahren wurde deutlich mehr in die Modernisierung des bestehenden Autobahnnetzes investiert. Auch beim Baustellenmanagement sieht der Mobilitätsclub Fortschritte. „Sämtliche Maßnahmen zur Beschleunigung der Bau- und Sanierungsprozesse müssen genutzt werden, um die Beeinträchtigung für Verkehrsteilnehmer so gering wie möglich zu halten. Und wir brauchen auch zukünftig über Legislaturperioden hinweg und unabhängig von Regierungskonstellationen eine konstant hohe finanzielle Ausstattung für die Verkehrsinfrastruktur in NRW“, mahnt Suthold.

Für 2020 rechnet der ADAC in NRW weiter mit vielen Staus und Behinderungen auf den Autobahnen. „Bauzeit bleibt leider Stauzeit. Die Autofahrer brauchen wieder viel Geduld. Erst ab 2030 könnte es sich in NRW wieder etwas entspannen, wenn der Investitionsstau abgebaut ist und große Bauprojekte abgeschlossen sind“, prognostiziert der Verkehrsexperte.

Insbesondere in den Ballungsräumen können Berufstätige dem Stau entgehen, indem sie auf Öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Allerdings sind in zahlreichen Städten NRWs die Kapazitäten des ÖPNV nahezu oder bereits erschöpft. „Die Erhöhung der Leistungsfähigkeit der ÖPNV-Netze durch den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur ist alternativlos, wenn Menschen zum Umsteigen bewegt werden sollen. Gerade die Modernisierung der Schienensysteme im Nah- aber auch Fernverkehr muss konsequent vorangetrieben werden, um ein zuverlässiges, leistungsfähiges und attraktives Angebot zu gewährleisten“, sagt Prof. Dr. Suthold.

Der ADAC in NRW fordert zudem deutlich günstigere ÖPNV-Tarife sowie einen zügigen Ausbau von P+R-Anlagen am Stadtrand und autobahnnahen Mitfahrparkplätzen zur Förderung von Fahrgemeinschaften. Auch Arbeitgeber können aus Sicht des ADAC in NRW zu weniger Staus beitragen. Prof. Dr. Roman Suthold: „Ein Lösungsansatz sind flexiblere Arbeitszeiten, mobiles Arbeiten und Home Office. Theoretisch könnte der Pendlerverkehr um 20 Prozent gesenkt werden, wenn jeder Arbeitnehmer - sofern es sein Job zulässt - einen Tag pro Woche zu Hause arbeitet.“

Hintergrund zur ADAC Staubilanz: Der ADAC nutzt zur Stauermittlung mehrere Quellen, zum Beispiel die Landesmeldestellen der Polizei und Fahrzeugflotten mit ihren Geschwindigkeitsdaten. Eine wichtige Bedeutung haben hier die Fuhrparks von großen Speditionen. Insgesamt liefern circa 300.000 Lkw ständig anonymisiert und automatisiert ihre Positions- und Geschwindigkeitsinformationen („Floating Car Data“) von deutschen Straßen. Weitere Daten senden Online-Navigationsgeräte und Smartphone-Apps mit der Funktion „Staudaten übertragen“ (4,5 Millionen Nutzer). Diese Live-Daten werden zur Berechnung von Stauereignissen verwendet sowie zur Anzeige des Verkehrsflusses. Wichtig: Jeder Stau wird nur einmal gezählt. Die längste Ausdehnung, die das Stauereignis im Verlauf aufweist, fließt in die ADAC Statistik ein.

Wenn mehrere Fahrzeuge über fünf Minuten unter 40km/h auf einer Länge über einem Kilometer fahren, erfasst der ADAC eine Verkehrsstörung. Liegt die Durchschnittsgeschwindigkeit zwischen 40 und 20 km/h, spricht der ADAC von dem Ereignis „stockender Verkehr“, bei Geschwindigkeiten unter 20 km/h von „Stau“. Nur wenn alle Fahrzeuge auf dem betreffenden Meldungsabschnitt über 60km/h fahren, wird die Staumeldung gelöscht, bzw. die Autobahn als frei dargestellt.

Neue Kenngröße Stau-Belastung: Die Stau-Belastung beschreibt die räumlich-zeitliche Ausdehnung eines Staus. Sie ermittelt sich, indem man die Länge (Kilometer) und die Dauer (Minuten bzw. Stunden) eines Staus miteinander multipliziert. So werden langanhaltende Staus entsprechend stärker berücksichtigt als kurzfristige Stauereignisse. Die räumlich-zeitliche Ausdehnung stellt damit die Auswirkung eines Staus für die Verkehrsteilnehmer zutreffender dar als lediglich dessen Länge oder Dauer, denn: Im Hinblick auf die Belastung der Autofahrer ist es ein Unterschied, ob ein Stau von zwei Kilometern Länge nur 20 Minuten dauert oder zwei Stunden, oder ob ein fünf Kilometer langer Stau nur von kurzer Dauer ist oder beispielsweise wegen einer Vollsperrung vier Stunden bestand.